WO DIE WILDEN KERLE WOHNEN

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Museumsquartier Halle E
Ausweichquartier Theater a. d. Wien

16. Dezember 2023

Musikalische Leitung: Stephan Zilias

Inszenierung: Nikolaus Habjan
Bühne: Jakob Brossmann
Kostüm: Denise Heschl
Licht: Franz Tscheck
Puppenspielcoach: Manuela Linshalm
Puppenbau: Bruno Belil, Nikolaus Habjan
Mitarbeit Bühne: Marlene Lübke-Ahrens

Wiener Symphoniker



Max - Jasmin Delfs
Mama / Tzippie - Katrin Wundsam
Bart- und Ziegenkerl - Peter Kirk
Hornkerl - Zoltan Nagy
Hahnkerl - Matthias Hoffmann
Bullenkerl - Martin Summer

Puppenspieler:
Angelo Konzett, Anderson Pinheiro da Silva, Lisa-Marie Bachlechner, Elisabeth Austaller, Markus Lipp, Stefanie Elias, Sebastijan Gec


„Wilde Kerle im Museumsquartier“

(Dominik Troger)

Ja, wo wohnen denn die wilden Kerle? Momentan wohnen sie in der Halle E im Museumsquartier. Fürchten muss man sich nicht vor ihnen, obwohl sie orange glühende Augen haben. Sie bleiben auch nicht lange auf der Bühne: Die Aufführung dauert nur rund 45 Minuten.

Die diesjährige Kinderopernproduktion des Theaters an der Wien ist einem Kinderbuchklassiker gewidmet: „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak. Der 2018 verstorbene, britische Komponist Oliver Knussen hat das Buch bereits vor über 40 Jahren in Zusammenarbeit mit dem Autor vertont, doch erst jetzt hat das Theater an der Wien in der Halle E des Museumsquartiers die österreichische Erstaufführung ermöglicht. Gesungen wird in der deutschen Übersetzung von Claus H. Henneberg.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Die Mutter schickt Max zwecks erzieherischer Maßregelung ohne Nachtmahl ins Bett. Max beginnt zu träumen und das Kinderzimmer verwandelt sich in einen Dschungel. Die wilden Kerle tauchen auf und ernennen Max zu ihrem König. Und als Max vom Herumlärmen mit den wilden Kerlen genug hat, gibt es dank mütterlicher Fürsorge doch noch ein Abendessen. Beim Vergleichen quer durch die Operngeschichte wird einem wahrscheinlich Maurice Ravels „L'enfant et les sortilèges“ einfallen. Man hätte die beiden Einakter gut zusammenspannen können: rund eineinhalb Stunden reine Spielzeit plus 30 Minuten Pause hätten einen abendfüllenden Opernabend ergeben. Aber vielleicht wollte man die jugendliche Zielgruppe nicht überfordern? Konzipiert hat das Theater an der Wien die Produktion „für jung & alle ab sechs Jahren“.

„Wo die wilden Kerle wohnen“, mit viel Schlagwerk angereichert, befleißigt sich einer moderaten Moderne britischer Schule, die mit musikalischem Witz und Zitaten versehen, den Einfluss von Benjamin Britten nicht ganz verleugnen kann. Der musikalische Bogen spannt sich vom Zerplatzen eines Luftballons bis zu unüberhörbaren Anspielungen auf „Boris Godunow“. (Was Zar Boris mit König Max zu tun hat, das ist die Frage. Vielleicht handelt es sich um ein Beispiel britischen Humors?) Die wilden Kerle sprechen eine Kunstsprache, die Maurice Sendak extra für die Oper entwickelt hat. Insofern wird dann im Spielerischen doch ein experimenteller Charakter spürbar, der das Werk auch für Erwachsene interessant macht. Max, die zentrale Figur des Stücks, ist als Koloratursopran angelegt. Jasmin Delfs wurde als ungestümem Buben nicht nur jugendlicher Spieleifer, sondern auch einiges an gesanglicher Virtuosität abgefordert.

Nikolaus Habjan hat den wilden Kerlen zu ihrem Bühnendasein verholfen. Puppen und Kinderzimmer stehen ohnehin in einem symbiotischen Verhältnis zueinander, diesbezüglich war Klappmaulpuppenspezialist Habjan die ideale Wahl, um ein bisschen Bühnenmagie in die Halle E zu zaubern. Das Zimmer mit dem Riesensessel und dem Schlafzelt deutet die Perspektive des Kindes an und Max macht Radau. Als die Mutter genervt und mit kaputtem Staubsauger die Bühne verlassen hat, tritt von der Seite langsam ein kleinerer Puppen-Max auf und der Traum beginnt: die Bühne öffnet sich, ein Baum schiebt sich herein, eine Seereise wird mit einfachen Mitteln samt einer Seeschlange dargestellt – und plötzlich sind die wilden Kerle da, eine Mischung aus Braunvieh und Perchten mit kleinen verdrehten Geweihen am Kopf.

Am Schluss gab es für das Ensemble und die Wiener Symphoniker unter Stephan Zilias viel Applaus. Die nicht unerhebliche Anzahl an freigebliebenen Plätzen lässt mich allerdings vermuten, dass viele Bezieher des Premierenabonnements den dritten Einkaufssamstag vor Weihnachten anderwertig verplant hatten. Ob die Altersangabe mit „ab sechs Jahren" nicht zu niedrig angesetzt ist, wäre zu überlegen. Jugendliche ab 13, 14 könnten die Handlung allerdings „albern“ finden.

An diesem Samstag wurden Vorstellungen um 17.00 und um 19.00 gegeben, obenstehende Anmerkungen beziehen sich auf die Abendvorstellung.