GLI UCCELLATORI
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Kammeroper
22. März 2015

Premiere

Musikalische Leitung: Stefan Gottfried

Inszenierung: Jean Renshaw
Ausstattung: Christof Cremer
Licht: Norbert Chmel



La Contessa Armelinda - Viktorija Bakan
Il Marchese Riccardo - Vladimir Dmitruk
Roccolina - Natalia Kawalek
Cecco - Tobias Greenhalgh
Mariannina - Frederikke Kampmann
Pierotto - Christoph Seidl
Toniolo - Julian Henao Gonzalez

Ein Tänzer:

Un uccello - Martin Dvorák


„Kurzweilige Vogelfängerei“
(Dominik Troger)

Drei Vogelfänger machen derzeit die Kammeroper unsicher und müssen Liebesabenteuer bestehen: „Gli uccelatori“ („Die Vogelfänger“) von Florian Leopold Gassmann sorgte für einen amüsanten Opernabend.

Die Neuproduktion des Theaters an der Wien in der Kammeroper erfolgte in Zusammenarbeit mit dem FWF-Forschungsprojekt „Opera buffa in Wien (1763-1782)“ des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien. Gassmann, der gegen Ende seines Lebens (*1729 +1774) zum Wiener Hofkapellmeister avancierte, hat seine „Gli uccelatori“ auf ein Libretto von Carlo Goldoni komponiert. Die Uraufführung fand 1759 in Venedig statt, 1768 wurde die Oper in einer stark revidierten Fassung in Wien gegeben. Die Aufführung in der Kammeroper folgt dieser Wiener Fassung, deren Partitur in der Nationalbibliohek verwahrt wird.

Die Oper bietet eine jener Verwechslungskomödien, an deren Schluss alle Pärchen unter Wahrung ihres Standes zueinander finden. Die Vogelfänger Cecco und Toniolo werden Roccolina und Mariannina ehelichen, die Contessa, die zuerst ein Auge auf Ceccho geworfen hat, den Marchese. Nur der großspurige Pierotto, der sich sogar zu einem Mordanschlag aus Eifersucht überreden lässt, bleibt ungeminnt. Die Handlung ist turbulent, den menschlichen Schwächen und Gelüsten wird viel Platz eingeräumt.

Gassmanns Musik ist den Amouren der Vogelfänger angepasst, befleissigt sich über weite Strecken eines eher schlicht gehaltenen, liebenswürdigen, mit Geschick gefertigten Singspieltons, der noch allerhand zwitschernde musikalische Onomatopoesie und einige buffoneske Ensembles mit einschließt. Gassmann wurde schon von seinen Zeitgenossen für seine komischen Opern geschätzt – ganz zu Recht wie dieser Abend bewiesen hat.

Die „magisch-poetische“ Inszenierung von Jean Renshaw konnte einerseits nicht verleugnen, dass die Regisseurin klassischen Tanz studiert hat, und pflegte andererseits diesen schätzenswerten angloamerikanischen Pragmatismus, der nicht davon ausgeht, dass eine Operninszenierung gleich die ganze Welt retten muss. Sie führte eine weitere Figur in die Oper ein, einen manngetanzten balletteusen Vogel oder vielleicht gar Amor persönlich, der mit weißem Trikot und bauschigem Tütü bekleidet, die Handlung begleitete, ironisch kommentierte, zum Teil auch mitspielte, wenn er Fächer wie Vögel durch die Luft gleiten lässt, um damit den Vogelfängern die Töpfe zu füllen. (Was mit den gefangenen Vögeln passiert, wird unverblümt dem Publikum zur Kenntnis gebracht: „Vögel sind zum Essen da“.) Die pointierte Choreographie war sehr gut in das Stück integriert – genau so wie Personenführung, die die Beschleunigungsmomente der Handlung ebenso turbulent auskostete wie sie den ruhigen, nachdenklichen Momenten genug Entfaltungsmöglichkeiten bot.

Als Spielfläche diente ein überdimensionaler, mit einigen Ornamenten versehener Truhendeckel, der schräg auf der kleinen Bühne der Kammeroper aufgesetzt worden war. Sein erhöhtes, ansteigendes Niveau bescherte den Besuchern in den hinteren Reihen eine bessere Sicht als gewohnt. Rechts im Vordergrund (vom Zuschauerraum aus gesehen) ruhte ein großes mit feinen roten Punkten gesprenkeltes Ei wie ein runder Felsen. Requisiten gab es wenige. Viel für die Bühnenoptik leisteten die Kostüme (Ausstattung: Christof Cremer), die bunt, aber nicht übertrieben, mit einigen phantasievollen Details aufwarteten – wie das mit Eiern belegte „goldene Osternest“, das die Contessa als bekrönenden Kopfschmuck trug.

Viel Anteil an dem gelungenen Abend hatte das Bach Consort Wien, das unter der Leitung von Stefan Gottfried (vom Cembalo aus) die Musik Gassmanns mit schwungvoller, verführerischer Leichtigkeit zur Geltung brachte. Und so wie an diesem Abend wirklich alle Zahnrädchen zusammengriffen, zeigten sich auch die Sängerinnen und Sänger in dieser Premiere darstellerisch und gesanglich von ihrer besten Seite:

Viktorija Bakan sang eine liebestolle Contessa, der Gassmann noch ein paar standesgemäße barocke Verzierungen entlockt, und die sich sehr offensiv an Ceccho heranmacht, ehe ihr die aufklärerische Erkenntnis beigebracht wird, dass ein Vogelfänger nichts für sie ist. Vladimir Dmitruk war ein eifersüchtiger Marchese, der dieser Figur auch entsprechenden tenoralen Nachdruck verlieh, während Tobias Greenhalgh als Ceccho mit jugendlichem kavaliergemäßem Bariton die Liebe der Roccolina gewann. Nur der Bass bleibt in dieser Oper ohne Liebchen und Christof Seidl gab einen mit köstlich viel Selbstüberschätzung aufgedonnerten Pierotto. Mit viel Komik und Überdrehtheit sorgten Natalia Kawalek mit lyrisch dunklem Mezzo als Roccolina und Frederikke Kampmann als koloratursoprane Mariannina für Verwirrung und Sexappeal. Julian Henao Gonzalez war als Toniolo und lyrischer Tenor für die poetischen Seelenregungen zuständig. Martin Dvorák sorgte für die eindrucksvolle ballett-pantomimische Begleitung.

Fazit: Starker Schlussapplaus nach rund zweieinhalb Stunden (inklusive einer Pause) für eine gelungene Produktion!