ADRIANA LECOUVREUR
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Wiener Staatsoper
22. Oktober 2021

Dirigent: Asher Fisch

Maurizio, Conte di Sassonia - Brian Jadge
Michonnet - Nicola Alaimo
Adriana Lecouvreur - Ermonela Jaho
La Principessa di Bouillon - Elina Garanca
Il Principe di Bouillon -
Evgeny Solodovnikov
Abate - Andrea Giovannini
Quinault- Ilja Kazakov
Poisson - Angelom Pollak
Jouvenot - Ileana Tonca
Dangeville - Patricia Nolz

Haushofmeister - Tobias Huemer

sowie Ballettänzerinnen und -tänzer im III. Akt


Gelungene Wiederaufnahme“
(Dominik Troger)

An der Wiener Staatsoper funkelt wieder die Eifersucht zwischen Mezzo und Sopran, wenn es um die Liebe des schönen Maurizio geht. In der insgesamt erst elften Aufführung von „Adriana Lecouvreur“ im Haus am Ring gab Elina Garanča ihr internationales Rollendebüt als Prinzessin von Bouillon.

Die Prinzessin legt am Beginn des zweiten Aktes ihr intensives Gefühlsleben offen, voller Liebeserwartung und -pein. Elina Garanča gelang ein mitreißendes Rollenporträt, sie fegte stürmisch los und hatte gleich den Handlungsfaden in der Hand. Stimmlich schöpfte sie aus dem Vollem, malte mit leuchtkräftigem Mezzo das Schicksal dieser Bühnenfigur. Sein rotgoldenes Schillern vereinigte loderndes Begehren mit  berechnender Kühle – eine ideale Kombination, die das Gefühlsleben der Gräfin ebenso nachzeichnete wie ihren ränkespinnenden Intellekt. Garančas Spiel zeigte zudem eine gefährliche, manchmal fast schon ironisch pointierte Hinterlistigkeit – etwa wenn sie der in Ohnmacht gefallenen Adriana im dritten Akt ganz beiläufig ein wenig Luft zufächelt: eine Geste, die den glühenden Hass der Prinzessin als flüchtige Wohltat tarnt.

Ermonela Jaho hielt als Adriana Lecovreur dagegen, was ihr allerdings nicht immer leicht zu fallen schien. Das nächtliche „Duell“ der beiden Damen war noch von einer prickelnden Spannung getragen. Im dritten Akt fand sich Adriana alias Jaho schon ein wenig in die Opferrolle gedrängt und die Provokation des Monologes geriet mehr zu Abwehr als zur Herausforderung. Jaho vermied es, ihren etwas unsteten, etwas feingliedrigen Sopran ganz im veristischen Feuer aufglühen zu lassen. (Nicht nur das  „Io son l’umlie ancilla“ hätte schwelgerischer ausfallen können.) Sie schien ihr Heil eher im Zurücknehmen der Stimme zu suchen, ein Zurücknehmen, dass vor allem im veilchenduftigen Finale sehr gute Wirkung machte – aber insgesamt mehr die Verletzlichkeit des Bühnencharakters herausstrich als die Angriffslust oder die Leidenschaft im Kampf um Maurizio.

Dieser Maurizio, der den Damen den Kopf verdreht, wurde von Brian Jagde mit einem durchschlagskräftigen Tenor verkörpert, der mit seinem hellen Metall vor allem den Kriegshelden herausstrich, weniger den Liebhaber. Man könnte diese Partie auch eleganter singen und ihr mehr farbliche Schattierungen abgewinnen. Nicola Alaimo steuerte den Michonnet bei, seine Bariton benötigte den ersten Akt, um sich aufzuwärmen und um zu jener sanften Rührung zu finden, die unglücklich Verliebte umgibt, die sich nie auch nur den Funken einer Hoffnung auf Erhörung ihrer Wünsche machen dürfen. Es war ein Abend voller Rollendebüts bis zu kleinen Nebenrollen, darunter etwa Andrea Giovannini als trockenhumoriger Abate oder der etwas höfischsteife Evgeny Solodovnikov als Principe di Bouillon.

Asher Fisch ist nach fast zehn Jahren wieder an das Pult der Wiener Staatsoper zurückgekehrt und dirigierte für meinen Geschmack die Oper vielleicht eine Spur zu „französisch“. Er könnte in den kommenden Vorstellungen noch ein wenig mehr an Leidenschaft und an streichersaftigem Schmelz herausholen.

Die Inszenierung von David McVicar ist 2014 von London nach Wien transferiert worden – sie bietet schöne Kostüme, ein historisierendes Bühnenbild und spielt zur Handlungszeit der Oper. Das klingt recht unspektakulär, steht aber der Musik und den Ausführenden nicht im Wege. Zwei relativ lange Pausen strecken die Vorstellung ein wenig über ihre „Substanz“. Das Haus war sehr gut besucht und das Publikum spendete fast zehn Minuten langen Schlussapplaus.