MASCHINIST HOPKINS
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Museumsquartier Halle E
7.3.1997
Premiere
Eine Produktion der Neuen Oper Wien
Orchester: Mitglieder des RSO Bratislava

Musikalische Leitung:Walter Kobèra
Inszenierung: Peter Pawlik
Bühnenbild: Bernhard Hammer
Kostüme: Jürgen Gaulocher
Lichtdesign: Gerhard Fischer
Choreographie: Liane Zaharia

Jim, Werkmeister - Steven Gallop
Nell, dessen Frau - Colleen Rea Holmes
Bill, Maschinist - Ferdinand v. Plettenberg
Hopkins, erster Maschinist - Steven Scheschareg
Bertier - Theaterdirektor
Regisseur - Sergio Lombana
Garderobiere, 1. Arbeiterin - Eva Molnar
Kapellmeister, Sekretär - Hubertus Virgil Reim
Personalchef - Karl Richter
2. Arbeiterin - Edda Sonn
u.a.

"Maschinenoper futuristisch..."
(Dominik Troger)

Im Messepalast hat die Neue Oper Wien den Maschinisten Hopkins von Max Brand aufgeführt - eine szenisch prägnante und spannende Umsetzung.

Der "Maschinist Hopkins" erblickte 1929 das Licht der Welt. Die Handlung ist fast Comicstrip-artig: Arbeiter & Arbeiterin, Bill & Nell, lieben sich, er klaut Betriebsgeheimnis und bringt dabei Vorarbeiter um, Aufstieg zum Wirtschaftsmagnaten, Maschinist Hopkins kommt der Sache auf die Spur, erpreßt Nell, sie gesteht Mord, Hopkins läßt sie fallen, sie landet in der Gosse, wird von Bill umgebracht, am Schluß ist Hopkins neuer Chef. Das Ganze geht flott dahin, Maschinen, Liebesszenen, Kabarett, ein gut gebautes, auf einem spannungsgeladenen Dreicksverhältnis basierendes Stück - da kann einem schon schwer langweilig werden. Trotzdem klebt allerhand Zeitkolorit an den Zahnrädern dieses dramatischen Entwurfes, das Thema der zur Prostituierten verkommenen Geliebten, die dann noch umgebracht wird, erinnert frappant an den Lulu-Plot; und wenn man den Maschinisten Hopkins als "Metropolis" der Operngeschichte titulierte, läge man auch so falsch nicht.

Die Musik ist bis zum 2.Akt sehr dicht, erinnert an Berg, Krenek, Schreker (Brand war Privatschüler Schrekers) und summiert überhaupt das musikalische Ambiente der späten 20er Jahre mit effektvoller Instrumentation. Nach der Pause (2. und 3.Akt) erschöpft sich dann der Einfallsreichtum ein wenig. Anno dazumal war der Maschinist Hopkins ein großer Erfolg, aber der sich installierende Nationalsozialismus hat auch hier jede weitere Verbreitung verhindert. Brand, aus Lemberg und somit kakanischer Herkunft, landete (wie so viele andere) schlußendlich in den USA. Er wurde ein Pionier der elektronischen Musik und fand am Lebensabend kaum beachtet wieder nach Österreich zurück, wo er 1980 auch verstarb.

Die Neue Oper Wien hat mit diesem berechtigten Wiederbelebungsversuch eine sehr eindrucksvolle Produktion auf die Beine gestellt, von der einem die schräg gebaute Bühnenwand immer in Erinnerung bleiben wird. In nahezu akrobatischer Weise kraxeln die SängerInnen darauf herum - getaucht in die Farbensymbolik einer ausgetüftelten Beleuchtung (Brand hat selbst über Klang und Farben philosophiert, ein Versuch in diese Richtung lag also nahe). Der Inszenierung ging es insgesamt weniger darum, die persönlichen Seite von Hopkins, Bill oder Nell darzustellen, sondern das Ganze wirkte wie ein futuristischer, greller Cartoon, den die schräggestellte Agitationswand des Bühnenraumes gleichsam aufgeblättert hat. Faszinierend war auch die Idee, Maschinen durch Menschen darzustellen, die sich als gleichgeschaltetes Bewegungstheater auch mal kopfüber "von der Decke hängen lassen".

Die optische Prägnanz des Bühnenbaus ging leider auf Kosten der musikalischen Umsetzung und verschob die ohnehin wenig berauschende Akustik der Halle E im Museumsquartier noch weiter in den roten Bereich. Die Stimmen der Protagonisten schienen erst eine Art von schallschluckendem Vorhang überwinden zu müssen, was den Hörgenuss merklich trübte. Leider war auch das Orchester, das sich aus Mitgliedern des RSO Bratislava zusammensetzte, nicht gerade von einer berauschenden Klangqualität. So sehr also das Auge sich an dieser Produktion erfreuen durfte, so sehr mangelte es dem Gehörsinn an einer adäquaten Umsetzung dieser über weiten Strecken sehr süffigen und interessant instrumentierten Partitur - auch das Ensemble konnte seine Stimmen nicht wirklich zur Entfaltung bringen. (Aber wenn man immer in Gefahr schwebt, physisch abzustürzen, dann muss das wohl auch auf den musikalischen Ausdruck abfärben.) Die schwierigen Arbeitsbedingungen haben anhörlich Steven Scheschareg als Hopkins noch am wenigsten irritiert.

Nun, gäbe es ein Opernhaus des 20. Jahrhunderts (seit einigen Monaten wird diesbezüglich ja eine angeregte Diskussion geführt), dann wäre der Maschinist Hopkins ein solides Stück für das Repertoire, dass sich auch eines regeren Publikumzuspruchs erfreuen könnte - zumindest was die Komposition betrifft. Das Sujet ist, wie eingangs bemerkt, ja schon ein wenig abgeschmackt und ziemlich zeitverhaftet. Aber weil es wahrscheinlich besagtes Opernhaus ohnehin nie geben wird, darf man sich glücklich schätzen, wenn man diesem Werk im Abstand von jeweils vielen Jahren (sprich Dezennien) hin und wieder mal begegnet. Diese Hoffnung legte auch der starke Beifall des beinahe vollbesetzten Auditoriums nahe.