INTO THE LITTLE HILL
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Jugendstiltheater
5.6.2008

Österr. Erstaufführung am 4.6.08

Musikalische Leitung: Franck Ollu

Inszenierung und Bühne: Daniel Jeanneteau
Kostüm: Olga Karpinsky
Licht: Marie-Chrisnie Soma


Orchester: Ensemble Modern

Koproduktion: Opéra National de Paris, Oper Frankfurt, Wiener Festwochen u.v.a.

Sopran - Anu Komsi
Alt - Hilary Summers



Kurz und bündig“
(Dominik Troger)

Kurz und bündig wars allemal: der mit zwei Konzertstücken gestreckte Opernabend dauerte eine Stunde. Der Minimalismus der Programmplaner stieß hier schon an die Grenze der Zumutbarkeit – den langen Weg der An- und Abreise auf die Baumgartner Höhe einberechnet.

Dabei hat sich „Into the Little Hill“ als eine interessante, britische Novität erwiesen, die es auch vom Libretto schafft, der Geschichte vom Rattenfänger eine zeitbezogene Zwiespältigkeit abzugewinnen. Ratten – Outlaws – Immigrationsproblematik im Spannungsfeld zwischen berechnender Politik und scheinheilig humanem Gesellschaftsgefüge. Der Rattenfänger als übervorteilter und ausgenützter Künstler und Musiker rächt sich zu letzt auf seine Weise.

Libretto und Musik haben eine auf den Punkt gebrachte Prägnanz. Der Dramatiker Martin Crimp schuf mit dem Text eine gefährliche Mischung aus Sentimentalität, Verschlagenheit und Aggression, die George Benjamin überraschend üppig und virtuos orchestriert hat: zumal ja nur zwei Sängerinnen – Alt und Sopran – sich die Ehre geben, die Geschichte vorzutragen.

Die beiden erzählen die Geschichte oder schlüpfen in die Personen – wobei der Sopran als Kind und Musiker mehr für das „Seelenhafte“ zuständig ist, er aber auch – wie fiepende Ratten – manchmal in fast ultraschallnahe Höhen abhebt. Die Sopranpartie ist nicht leicht, mit ihren Intervallsprüngen und ihrem musikalischen Aufbegehren, gegen das der Alt mit seiner Politiker- und Erzählermentalität versachlicht. Allerdings, der Alt darf auch die Mutter singen, die nach ihrem verschwundenen Kind frägt. Der Mensch ist eben doch mehr als ein kapitalmaximiertes Wesen mit eben solcher Volksvertretung.

Minimalismus war auch bei der szenischen Umsetzung gefragt: Alt im roten Hosenanzug, Sopran im weißen, romantisierenden Kleid, beide einander gegenüber gestellt, auf einem aus Leuchtelementen gebildeten Laufsteg. Für die rund 40 Handlungsminuten hat es jedenfalls ausgereicht. Trotzdem konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich mehr um ein Vorspiel handelte, um eine Vorspeise, die den Mund wässrig macht: auf richtige Oper.

Das Stück ging nach nur zwei Abenden wieder auf Tournee (es befindet sich seit der Uraufführung am 22. November 2006 in Paris auf einer solchen). Die beiden Sängerinnen Anu Komsi, Sopran, und Hilary Summers, Alt, die seit der Uraufführung mitziehen, haben sich ihre Rollen schon stark verinnerlicht. Komsi bietet die schwierige Sopranpartie nahezu lupenrein und Summers, mit beachtlichem Tonumfang, gibt ihrer Partie Gewicht, ohne belastende Schwere. Schließlich muss sie auch dem „Minister“ ihre Stimme leihen. Das Ensemble Modern unter Franck Ollu sorgte für die passende Begleitung.

Am Beginn wurden zwei Konzertstücke gegeben: „Viola, Viola“ für zwei Violen und „Three Miniatures“ für Violine, beide von George Benjamin. Zwei packende, virtuose Stücke, nicht immer ganz so virtuos wiedergegeben – aber besser wäre es gewesen, noch eine zweite Kurzoper zu zeigen. So ging man doch ein wenig mit dem Gefühl nach Hause, „verlängert“ worden zu sein.

Das Publikum applaudierte stark.