ZANAIDA

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Konzerthaus
3.6.2012
Konzertante Aufführung

Dirigent: David Stern

Ensemble: Opera fuoco

Zanaïda - Sara Hershkowitz
Tamasse - Clémentine Margaine
Roselane - Chantal Santon
Osira - Vannina Santoni
Mustafa - Pierrick Boisseau
Cisseo - Daphné Touchais
Aglatida - Majdouline Zerari
Silvera - Julie Fioretti
JGianguir - Jeffrey Thompson


Nette Opern-Rarität

(Dominik Troger)

Das Konzerthaus lud am Sonntagabend zu einer Opernrarität: „Zanaida” von Johann Christian Bach stand auf dem Programm. Das Werk wurde 1763 erfolgreich in London uraufgeführt – und galt späteren Jahrhunderten bis auf wenige Teile als verschollen.

Im Jahr 2010 gelangte die autographe Partitur aus der privaten Sammlung Elias N. Kulukundis als Leihgabe in das Bach-Archiv Leipzig. 2011 war die Oper beim Bachfest Leipzig erstmals seit dem 18. Jahrhundert wieder zu hören. Die Aufführung wurde von dem amerikanischen Dirigenten David Stern und seinem Alte-Musik-Ensemble Opera fuoco realisiert. Jetzt gastierte das Ensemble mit einer konzertanten Version dieser Produktion im Konzerthaus.

Das Werk basiert auf einem orientalischen Sujet, schildert die diplomatischen und liebebedingten Verwirrungen am Hofe des persischen Herrschers Tamasses. Der Staatsraison wegen soll er die Tochter des türkischen Sultans Soliman, Zanaida, heiraten, verliebt sich aber in die, vom türkischen Sultan zur Friedenssicherung gestellte Geisel Osira. Im ersten Akt kommt Zanaide an den Hof des Tamasses – und findet sich bald von einem Intrigennetz umstrickt, das Tamasses und seine Mutter Roselane gegen sie spinnen, um Osira zu protegieren. Sie wird unter der falschen Beschuldigung, auf Tamasses einen Mordanschlag geplant zu haben, ins Gefängnis gesteckt und mit der Hinrichtung bedroht. Im dritten Akt soll Zanaide hingerichtet werden. Der türkische Botschafter in Persien, Mustafa, der noch dazu der Vater von besagter Osira ist, hat von der ganzen Sache Wind bekommen, und will bei der Hinrichtung Zanaidas Tamasses ermorden. Aber Zanaida stellt sich schützend vor Tamasses – und der einsichtige Herrscher bittet um Verzeihung. So wird Zanaida doch noch seine Braut.

Das Libretto ist über weite Strecken nicht sehr zwingend, aber die Musik, die der „Londoner Bach“ dazu komponiert hat, schmeichelt sich recht gut ins Ohr, mit süffiger „Empfindsamkeit“, und ist angenehm anzuhören. Die Arien haben die klassische „Da-Capo-Form“ schon hinter sich gelassen, sind kürzer und sparsamer beim Einsatz virtuoser Kehlkopfakrobatik. Vom stilistischen Gesamteindruck platziert sich Zanaida zwischen Händel und Mozart, und fügt sich perfekt als Werk des Übergangs vom Barock zur Klassik in die Opernhistorie ein.

Folgende Punkte sind besonders bemerkenswert: Das Quartett im Finale des ersten Aktes, das schon die virtuose Mozart’sche Ensemblekunst vorwegnimmt – und ein Rezitativ Zanaidas im dritten Akt, wenn sie im Kerker Todesverzweiflung plagt. Dass mich hier eine Ahnung von Donna Anna anflog („Don Ottavio, son morta!“), soll zumindest vermerkt werden. Der wichtige Einfluss von Johann Christian Bach auf den jungen Mozart ist bekannt, für die Forschung ergeben sich mit der wieder entdeckten Zanaida vielleicht neue, interessante Anknüpfungspunkte. Dass die „Mozarts“ ein knappes Jahr nach der Uraufführung der Oper auf ihrer Europatour nach London kamen und dort regen Umgang mit Johann Christian Bach pflegten, sollte ebenfalls bedacht werden.

Opera fuoco unter David Stern spielten mit einem weichen Klang, der gut zum Stil dieser Musik passte, schwungvoll und unprätentiös. Die amerikanische Sopranistin Sara Hershkowitz als Zanaida sang eine koloratursichere Sultans-Tochter, ausgestattet mit standesgemäßer Würde und unterschwelliger Leidenschaft. Ihr lyrischer Sopran zeigte Individualität, etwas kühl timbriert, aber selbstbewusst, mit gut gezügelter Expressivität. Forciertes Singen schien ihm weniger zu behagen, dann klang er enger und gewann an Schärfe.

Mit Clémentine Margaine stellte sich als Tamasse ein junger Mezzo mit angenehm satt klingender Mittellage dem Wiener Publikum vor. Chantal Santon (Roselane) und Vannina Santoni (Osira) mussten gleich als erstes an die Rampe und wirkten auf mich zuerst noch etwas verhalten. Später gewannen ihre Partien deutlich an Konturen. Julie Fioretti sang eine quirlige Silvera mit noch sehr zartem, vogelflötendem Sopran. Daphné Touchais als Cisseo und Majdouline Zerari (Aglatida) rundeten das Bild positiv ab. Die beiden Männer, Pierrick Boisseau (Mustafà) und Jeffrey Thompson (Giabguir) konnten mit den stimmlichen Reizen der Damen nicht recht mithalten, klangen etwas trocken und präsentierten sich in diesem Umfeld wohl etwas unter ihrem Wert.

Die Aufführung ging mit einigen Strichen über die Bühne und dauerte rund zweieinhalb Stunden (mit einer Pause). Das Konzerthaus war mäßig besucht, aber es gab am Schluss länger anhaltenden, sehr freundlichen Applaus.

Fazit: Ein netter, kurzweiliger Opernabend mit wenigen „richtigen“ Höhepunkten.