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Programmpreise...

Alle Jahre wieder, wenn die Wiener Festwochen ins Land ziehen, beginne ich mich eingehender mit den Preisen von Opern- und Theaterprogrammen zu beschäftigen. Das ist zwar ein Thema für Erbsenzähler, aber der Eindruck, dass die Festwochenprogramme im Preis-/Leistungsverhältnis zu den teuersten gehören, verfolgt mich seit Jahren. Auch heuer hat sich nichts daran geändert.

Ich beginne gleich mit dem jüngsten Druckwerk aus dem Festwochenbüro: das Programmheft der „Zaide". 3,80 Euro für 40 Seiten, davon 8 ganze Werbeseiten im Textteil bei Kleiner-als-A5-Format. Ist das teuer? Das „Zauberflöten“-Programm kostete 4,10 bei 48 Seiten, immerhin mit einem interessanten kulturhistorischen Artikel zum Freihaustheater.(Ebenfalls acht Werbeseiten im Textteil.) Beide Programme mit Farbumschlag, aber ohne Farbfotos im Inneren, Klebebindung, kein aufregend großartiges Papier. (Die Klebebindung gab es in den Vorjahren nur bei wirklich dicken Programmen, sonst wurde oben und unten geklammert).

Zum Vergleich: Staatsopernprogramm „Lohengrin“ vom Dezember 2005: Preis 3,50 Euro. 100 Seiten (Seitenanzahl jeweils ohne Umschlag), mit vielen Farbfotos und nur einer einzigen Werbeseite im Innenteil. Dazu ein eingelegter Besetzungszettel (während die Besetzung bei den Festwochenprogrammen zusätzlich am Textteil knabbert). Ebenfalls die kompakter wirkende Klebebindung, Papier glatter, glänzender. Interessante Beiträge. Format: Höhe etwa A5, aber deutlich schmäler.

Das Programm der konzertanten „Zaide“-Aufführung im Musikverein (März 2006) kostete gar nur 2,70 Euro. Geheftet, innen keine Farbe, Papierqualität nach meinem Gespür etwas besser als die Festwochenprogramme – aber inklusive Libretto und einem interessanten Artikel über die derzeitige Forschungslage zur „Zaide“. Es hat nahezu dasselbe Format wie die Staatsopernprogramme (nur in der Breite ein paar Millimeter kürzer). Sieben ganze Werbeseiten im Textteil, Werbung auf den Umschlagseiten 2, 3 und 4. Bei den angesprochenen Festwochenprogrammen gibt es keine Werbung auf den Umschlagseiten. Die Staatsoper verkauft die Umschlagseiten 2 und 3 sowie Beileger. Der besondere Clou: Alle drei Veranstalter lassen laut Impressum in derselben Druckerei fertigen! Impressumzusatz des Musikvereinprogrammes: „Gedruckt auf chlorfreiem Papier“.

Das Programm der „Zauberflöte“ in der Volksoper (Neuproduktion vom Dezember letzten Jahres) kostete gar nur 2,40 Euro. Vier Werbeseiten im 88 Seiten umfassenden, farblosen Innenteil. Auf der dritten Umschlagseite Eigenwerbung. Das Format ist kleiner, liegt zwischen A6 und A5. Die Volksoper lässt woanders drucken.

Staatsopernprogramme kosteten in den frühen 80er Jahren 18,- öS (ca. 1,30 Euro), aber das ist lange her. Das Papier war etwas matter als heute, die Umschläge weiß, auch innen (also nichts verkauft) mit goldgeprägtem Bundesadler auf dem Cover und enger goldener Linienverzierung auf weißem Grund. Bei neuen Produktionen gab es schon damals Farbfotoseiten im Innenteil. Ich greife mal ein Heft heraus: „Lulu“-Premiere am 24.10.1983, immerhin ein Textteil mit 78 Seiten und schon mit mehrsprachiger Inhaltsangabe (allerdings nicht Japanisch, das kam erst später). Das Programm war vollkommen werbefrei, aber bereits mit Klebebindung (damals eher eine Ausnahme).

Nahezu 10 Jahre später, „Walküren“-Premiere am 19.12.1992. Das Programm kostete inzwischen 38, - öS (ca. 2,70 Euro), immer noch weitestgehend werbefrei. Der eingelegte Besetzungszettel, mehrmals gefaltet, wird aber schon für Werbung genützt. Der Umschlag der neuen „Ring“-Programme war künstlerisch gestaltet, das alte, straffe Bundestheaterlayout (damals auch für Burg-/Akademietheater und Volksoper gültig, hatte sich überlebt). Umfang: etwas über 100 Seiten, auch schon relativ großer Farbanteil. Die Programmpreise kletterten dann Anfang 2000 auf 43,- öS (ca. 3,12 Euro) – um nach der Euroumstellung bald einen soliden Europreis von 3,50 zu erreichen.

Wie schaut das bei den Festwochen aus? Ein Sprung in das Jahr 2001: Haydn, „Die Feuersbrunst“. Geheftet, schwarz/weiß, sechs Werbeseiten im 24 Seiten langen Textteil, keine Werbung auf den Umschlägen, Programmpreis 38,- öS (2,70 Euro). War das Preis-/Leistungsverhältnis also schon vor fünf Jahren kränkelnd? 2003 musste man für das Festwochen-Programm von „La Calisto“ zwar ganze 5,50 Euro berappen, aber da war sogar das Libretto abgedruckt (italienisch/deutsch) und der Umfang betrug 100 Seiten. In solchem Fall greift man viel freudiger zur Geldbörse. Trotzdem machte das im Währungsvergleich einen stolzen Betrag von ca. 75 öS.

Um noch ein ganz krasses Beispiel zu nennen – damit die Wiener Festwochen nicht so übel beleumundet dastehen: Für das Programm der konzertanten Aufführung von „Simone Boccanegra“ im Konzerthaus am 12.2.1997 musste man 42,- öS aufbringen (also gut 3 Euro). Format A4, 12 Kernseiten, keine Farbe, Werbung auf Umschlagseite 2, 3 und 4 sowie drei Seiten Werbung im Textteil! Inhalt: das Notwendigste. Inzwischen pendelt der Programmpreis bei den konzertanten Opernaufführungen im Konzerthaus meist zwischen 4 bis 5 Euro, je nach Umfang. Man hat aber das Libretto in Originalsprache und Übersetzung mit dabei sowie einen grundlegenden Artikel zum Werk. Die Programmheftpolitik eines Veranstalters lässt sich also auch im positiven Sinne weiterentwickeln...

© Dominik Troger, 2006