GEORGE SZELL1944

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Don Giovanni, Metropolitan Opera, New York, 9. Dezember 1944,
Dirigent: George Szell

Diese Aufnahme zählt nicht zu meinen Favoriten. George Szell hält mir das Orchester zu „knapp“ und „entschlackt“. Ich finde darin wenig Humor und wenig zum Gruseln. Bei Bruno Walter bestimmt eine innere Spannung das Geschehen, bei Szell wirkt alles auf mich mechanischer. Interessant ist der Eindruck, den die Ouvertüre hinterlässt: obwohl zwischen beiden Aufnahme kein großer Zeitunterschied besteht, wirkt das Andante bei Walter „mächtiger“ und zugleich gedehnter – und das Molto Allegro vitaler und schneller.

Die Besetzung reicht an die Salzburger von 1937 nicht heran, obwohl auch hier Ezio Pinza den „Don Giovanni“ singt. Er scheint weniger animiert, wirkt nicht so präsent. Die Rezitative hinterlassen einen flacheren Eindruck. Beim „Fin ch`han dal vino“ lässt er einmal das „Ah la mia lista“ aus und setzt gleich mit „d‘una decina de viaumentar“ ein – und das Orchester spielt dann zwei Takte solo. Insgesamt hat man den Eindruck, einem „Alltags-Don Giovanni“ des Jahres 1944 beizuwohnen. Salzburg 1937 spielt von der Intensität für mich in einer anderen Kategorie.

In der Höllenfahrt ist Leporello zu nahe beim Mikrofon postiert. Es ist klar, dass man sich als Zuhörer auf Don Giovanni konzentrieren möchte und den Komtur. Da stören die Interjektionen Leporellos. Außerdem bringt Salvatore Baccaloni wenig Spannung hinein, das fällt schon in der Friedhofsszene auf. So macht man mir keine Angst vor Gespenstern. Der Don Ottavio, Charles Kullmann, singt einen farblosen, fahl timbrierten und etwas nasalen Brautwerber. Er ist ein nüchterner Liebhaber.

Eleanor Steber macht als Donna Elvira gute Figur – steigt energievoll in die Partie ein. Bei Florence Kirk fällt es mir schon schwerer. Ihre Donna Anna hat noch etwas Hysterisches, aber sie gewinnt für mich kein Profil. Bidú Sayao entwickelt speziell in den Rezitativen einen Schnatterton, den ich bei der Papagena für angebrachter hielte, er nimmt Zerlina mehr als er ihr hinzufügt.

Die Tonqualität ist nicht berauschend. Aber das ist ohnehin eine Sache für sich. Es geht bei diesen Aufnahmen um eine Archeologie der Töne. Das geübte Ohr erfindet sich so manches Teil dazu.

Don Giovanni-Portal - anlässlich des Mozartjahres 2006 - © Dominik Troger