ROM 2001

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Don Giovanni in Rom, DVD
Regie: Enrico Castiglione

„Don Giovanni genießt seinen Lebensabend in der Provinz...“

Es ist ein „unschuldiges“ Opernglück, dass diese DVD verheißt – Don Giovannis gebrochene Liebesschwüre ausgenommen.

Zwar gibt Renato Brusons Gestaltung der Titelfigur zu einigen Überlegungen Anlass, aber solch einfache Szene in ihrer provinziellen Liebenswürdigkeit ist man hierzulande kaum mehr gewöhnt. Enrico Castiglione, verantwortlich für Bühne, Regie und DVD-gemäße Umsetzung, ist kein Bilderstürmer. Das Ambiente ist historisch, einfach, praktikabel für ein kleines Haus. Eine wohlwollende Gelassenheit der Zuseherschar wird dabei vorausgesetzt. Denn nichts wird so heiß gegessen wie gekocht – und an diesem „Don Giovanni“ wird sich kaum jemand den Mund verbrennen.

Die Aufnahme wurde im Jahre 2001 im römischen Teatro Argentina mitgeschnitten. Vom Theaterraum selbst bekommt man nichts zu sehen. Das Publikum vor Ort mag von der Intimität profitiert haben, die Mozarts Werken in kleineren Häusern zu sehr unmittelbarer Wirkung verhilft. Doch dieses Rahmens beraubt, stößt man schnell an die Grenzen: was sich vor Ort noch selbst erklärt und in der richtigen Proportion erscheint, kann ohne diesen Kontext schnell an Reiz verlieren.

Bruson spielt einen gealterten Don Giovanni, ist er selbst doch nicht mehr der jüngste. Er ist ein Verführer, der seine langgepflogenen Gewohnheiten beibehalten hat, der konsequent seinen Lebensweg zu Ende geht. Dabei fehlt es ihm nicht an Charme und an Willenskraft. Trotzdem zehrt dieser Don Giovanni von vergangenen Helden- und Verführungstaten, Donna Anna wird zum Prüfstein seiner Virilität. Die Herausforderung der himmlischen Mächte ist nicht das Resultat eines Überschusses an Testosteron, sondern eines symbolisch verhüllten Befragens der eigenen Vergänglichkeit. Auch Don Giovanni endet, der unverbesserliche. Am Schluss kommen sogar „Teufelinnen“ in langen dunklen Kapuzengewändern, um ihn abzuholen – Don Giovannis verflossene Geliebte? (Das wäre eine hübsche Pointe.)

Doch wie ist das mit dem Zusammenspiel von Alter, Tod und Eros? Nicht, dass dieser Gedanke in der Regie entwickelt worden wäre – er drängt sich beim Zusehen von selber auf. Don Giovannis Todes-Erkenntnis geschieht in der Friedhofsszene. Mit dem Komtur holt er sich den Tod ins eigene Haus. Solche Gedanken wirken stärker, wenn der Bühnen-Don Juan schon älter ist und seiner jugendlichen „Unverwundbarkeit“ entwachsen. Die Jugend macht ihn leichter zum Helden, ihr verzeiht man, was dem Alter als Torheit angerechnet wird. Ein alter Don Giovanni spielt verbissen gegen seine eigene Verzweiflung an: denn nicht der Teufel hat seine Hand im Spiel, sondern sein sich langsam verflüchtigendes Leben...

Das Schluss-Resümee fällt doch einigermaßen passabel aus. Leporello (Stefano De Peppo) bildet mit seinem Herrn und Meister ein gutes Gespann. An einem spürbaren Einvernehmen zwischen Don Giovanni und Leporello kann sich eine ganze Aufführung wohltuend aufrichten. Zerlina (Rossana Potenza) verströmt eine naive, leicht kokette Frische, für die man als Zuseher nicht undankbar ist. Doch (wie schon eingangs angemerkt) es ist ein Ausflug in die tiefere Provinz – auch wenn die Aufnahme in Rom entstanden ist. Wer Maßstäbe anlegt, die für renommierte Labels mit ihren Hochglanz-Produktionen taugen, lässt am besten die Finger davon...

Gespielt wird die Prager Fassung. Die DVD unterstützt die Bildformate 4:3 und 16:9.

Don Giovanni-Portal - anlässlich des Mozartjahres 2006 - © Dominik Troger