PRAG 1991

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Don Giovanni, Prag, 1991, DVD
Dirigent: Charles Mackerras

Soviel Mozart um so wenig Geld bekommt man selten: 8,90 Euro kostete diese DVD. Sie nur nach dem Preis zu bemessen wäre ungerecht, aber man sollte sich auch nicht zu viel erwarten. Die Hochglanz-Produktionen bekannter Labels verfügen über bessere Ressourcen. Insoferne bleibe dahingestellt, ob sich der Verweis am Cover „Outstanding Performance“ auf die künstlerische Wertigkeit dieser Aufführung beziehen soll (da hätte ich meine Einwände) oder auf die Rahmenbedingungen: die Eröffnung des renovierten Prager National Theaters am 1. Dezember 1991, das Gedenken an den 200 Todestag Mozarts, eine Hommage an die junge tschechischen Republik und ihren damaligen Präsidenten Vaclav Havel, der beim Schlussbeifall auch ins Bild kommt.

Viel erfährt man nicht über die Rahmenbedingungen dieser Aufführung, nur was auf der Rückseite der DVD-Hülle steht. Es gibt kein Beiheft und auch die DVD selber verrät nichts weiter; kein Vor- oder Abspann mit den Künstlernamen etc.

Die Inszenierung stellt das Werk in einen großen Rahmen – Don Giovanni betritt während der Ouvertüre die Bühne, so als nähme er von diesem alten Theater wieder Besitz, um wieder einmal seine Geschichte zu erzählen. Am Schluss mischt er sich unter die eifrig das Geschehene besingende Schar – und verlässt die Bühne, tritt aus dem Theater auf die Straße. Die Geschichte geht weiter. Das „Dalla sua pace“ ist ebenso gestrichen wie Elviras „Ma tradi quell’alma ingrata“.

Am Beginn wirkt Don Giovanni mehr wie ein Begehrter denn wie ein Begehrender. Donna Anna verfolgt ihn, sie möchte ihm sein rotes Hemd entreißen. Er selbst verteidigt es, sein Oberkörper ist nackt. Welche Phantasien sollen hier die Zuschauer verwirren? Wie weit ist Donna Anna mit Don Giovanni im Einverständnis? Man wird es nicht erfahren. Der Komtur taucht auf. Er scheint beiden lästig. Donna Anna fällt ihm irgendwie schmeichlerisch in die Arme, aber der Komtur denkt dummer Weise nur an die Ehre. Das Duell ist unvermeidlich, Don Giovanni hält dem tödlich getroffenen Gegner beim Sterben die Hand. Der Schluss wird vorweggenommen – wie ein Schicksal das sich zu erfüllen hat.

Nach dieser interessanten Parallelisierung von Anfang und Ende, hat sich das kreative Potential der Inszenierung weitestgehend erschöpft. In Kostümen – angelehnt an die Zeit der Uraufführung – geht es einigermaßen spielfreudig dahin. Teufel gibt es keinen am Schluss, nicht einmal Bühnenrauch – Komtur und Don Giovanni verschwinden sehr unspektakulär in einer Versenkung. Das ist dann wirklich nicht sehr „outstanding“. Immerhin gibt es ein paar zynische Pointen, die die Persönlichkeit des Don Giovanni konturieren und nicht nur die letzte Szene auflockern. Andrei Bestchastny gibt der Rolle Profil. Seine Stimme klingt gut, solange er forscher ans Werk gehen kann – seine lyrischen Verlockungen halten sich in Grenzen.

Insgesamt ist die Besetzung dieser Produktion von starkem lokalen Charakter, aber immerhin hat Sir Charles Mackerras am Pult der Aufführung seinen Stempel aufgedrückt. In Summe also doch mehr Leistung für sehr wenig Geld? Aber was hilfts: Oper aus der Konserve wird immer Dosennahrung bleiben.

Don Giovanni-Portal - anlässlich des Mozartjahres 2006 - © Dominik Troger