DON GIOVANNI - Wien 1792-1833

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Weitere „Don Juan“-Aufführungen in Wien

Auszug aus Rudolf von Freisauff: Mozart’s Don Juan 1787-1887. Ein Beitrag zur Geschichte dieser Oper. Herausgegeben anlässlich der 100jährigen Jubelfeier der Oper „Don Juan“ von der „Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg“. Salzburg 1887. S105ff.

Ueber die ersten Aufführungen des „Don Juan“ in Wien wurde bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet. Wie erwähnt, verschwand die Oper in Folge der Intriguen Salieri’s mit Ablauf des Jahres 1788 von dem Repertoire des k. k. Hofburgtheaters, um erst wieder am 11. December 1798 im k. k. Hoftheater nächst dem Kärtnerthore gegeben zu werden. Dazwischen fällt eine Aufführung am Theater an der Wien unter Schikaneder’s Direction im Jahre 1792 in der deutschen Textbearbeitung von Spies. Der königlich württembergische Kammersänger Franz. Jos. Schütky erinnert sich, noch in den Vierzigerjahren ein altes Textbuch gesehen zu haben, das den Titel führte: „Herr Johann, der leichtfertige Bösewicht, oder: Der steinerne Gast. Komisches Singspiel in 2 Acten. Musik von Herrn Kapellmeister Mozart.“ Wir haben uns vergeblich bemüht, diese deutsche Uebersetzung ausfindig zu machen, was wir umsomehr bedauern, als die Vermuthung Schütky’s, dass diese Textbearbeitung von Schikaneder beeinflusst gewesen sein dürfte, nicht unbegründet erscheint. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts florirten in Wien, Prag, Dresden, Berlin und fast überall die italienischen Operngesellschaften; in Oesterreich waren die deutschen Sänger zumeist auf die Singspiele von Wenzel Müller, Dittersdorf, Kauer u. A., sowie auf das Theater an der Wien unter Schikaneder und die kleineren Provinzial-Hauptstädte angewiesen. Es scheint daher in der That gar nicht so unwahrscheinlich, dass Schikaneder bei seinen intimen Beziehungen zu Mozart eine Uebersetzung des „Don Juan“ und gewiss jene von Spies, die vielleicht mit der von Schütky erwähnten identisch sein dürfte, beeinflusst hat. Dafür spricht auch der Umstand, dass jenes alte deutsche Textbuch drei Personen der Handlung eingefügt hat: einen Gerichtsdiener, einen Eremiten und einen Kaufmann, die mit Don Juan ihre Scenen hatten. Diese letzteren erinnern nach dem Geschmacke der damaligen Zeit sehr stark an das Kasperltheater und die Harlekinaden, die in Wien allgemein beliebt waren und offenbar nur den Zweck hatten, das Publicum mit recht derben und dummen Spässen zu unterhalten. Dass Schikaneder ein grosser Freund dieser Sorte von komischer „Muse“ war, ist bekannt.

Die Gerichtsscene – vor der Champagner-Arie im ersten Acte – hat sich wohl am längsten erhalten; sie wurde im Anfange der Fünfzigerjahre – schon 1843 waren die von Gut übersetzten Secco-Rezitative eingeführt worden – fast überall, ja sogar in den Sechzigerjahren an sehr vielen guten Theatern gegeben und verfehlte ihre allgemein unterhaltende Wirkung selten. Nächst ihr wurde die Scene mit dem Kaufmann – vor dem letzten Finale – bis gegen das Jahr 1830 an den meisten Theatern aufgeführt, in welcher Don Juan, anstatt die fälligen Wechsel zu bezahlen, dieselben verbrennt und den darüber verzweifelten Familienvater von seinen Dienern hinauswerfen lässt. Am wenigsten dürfte die Scene mit dem Eremiten zur Darstellung gebracht worden sein. In derselben – auf dem Kirchhofe vor dem Duett: „O statua gentilissima!“ – versteht Leporello alles falsch, was der Eremit spricht, und verdreht es in der Weise des Kasperl. Hier eine Probe: Don Juan frägt den Eremiten: „Von was lebst Du?“ – Eremit: „Von Wurzeln und Kräutern.“ – Leporello: „Was, der Kerl frisst Fussvolk und Reiter?“ – Diese drei Scenen konnten nur aus der damaligen, so sehr verschrobenen Wiener Geschmacksrichtung hervorgegangen sein. Sie beweisen zur Genüge, wie geringes Verständniss für die wunderbaren Schönheiten des Mozart’schen Meisterwerkes zu jener Zeit vorhanden war.

Einmal wurde die Oper „Don Juan“ auch im Theater in der Josefstadt gegeben. Es war dies unter Stöger’s Direction, jener glänzendsten – in die Zeit vom 18. August 1832 bis Ostern 1834 fallenden – Periode des genannten Theaters, am 20. April 1833. Die Oper gelangte zum Benefiz des Sängers und Schauspielers C.M. Rott, des nachmals so beliebten Komikers, zur Aufführung. Die Besetzung war folgende: Don Juan – der berühmte Pöck; Ottavio – Herr Benninger, Leporello – Herr Preisinger; Masetto – Herr Rott; Comthur – Herr Borschitzky; Gerichtsperson – Herr Walter, Donna Anna – Mad. Zimmer; Donna Elvira – Demoiselle Kratky; Zerline – Demoiselle Dielen.

Die Wiener „Allgemeine Theaterzeitung“ (herausgegeben von Adolf Bäuerle) berichtete in Nr. 82 vom 23. April 1833 unter Anderem Folgendes: „Nach dem ersten Acte ward das ganze Personale gerufen. Der Vorhang ging auf und es zeigte sich, umgeben von sämmtlichen Mitwirkenden, Mozart’s Büste mit Lorbeer bekränzt. Unaussprechlich war der Enthusiasmus bei diesem Anblicke, der Jubel wollte kaum enden und Herr Stöger wurde laut und stürmisch gerufen, welche Auszeichnung sich auch am Schlusse wiederholte....."

Don Giovanni- Portal - anlässlich des Mozartjahres 2006 - © Dominik Troger