NEUE WIENER HOFOPER 1869
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Die Eröffnung der neuen Hofoper am 25.5. 1869 in Wien.
Ein Diarium.

 

I. Vorbemerkung

Das neue Opernhaus war das erste Pracht-Gebäude an der neuangelegten Ring-Straße, das seiner Bestimmung übergeben wurde. Direkt vor dem alten k.k. Hof-Operntheater nächst dem Kärntnertor gelegen (das sich in etwa an der Stelle des heutigen Hotel Sacher befunden hat), war es das erste Symbol für den Aufbruch Wiens in ein neues, glanzvolles Zeitalter. Knapp vor Weihnachten 1857 hatte Kaiser Franz Josef den Startschuss zu diesem imposanten Stadterweiterungsprojekt gegeben, der Schleifung der Stadtmauern und der Basteien samt städteplanerischer Neugestaltung - ein Projekt, dass für die nächsten Jahrzehnte Wien in eine riesige Baustelle verwandeln sollte.

Pläne für eine neue Oper waren schon länger durch Wien "gegeistert", war doch das bisher als Hofoper genutzte Kärtnertortheater sehr klein und beengt und entsprach weder dem gewachsenen Repräsentationsbedürfnis noch den künstlerischen Anforderungen einer neue Generation von Opernkomponisten - allen voran Richard Wagner. Am 10. Juli 1860 erging nun die "Konkursausschreibung" an einen solchen, neuen Kulturpalast, der eine der Perlen an der neuen Ringstraße sein sollte und zugleich Herz des weltberühmten musikalischen Wien. Im Rahmen eines Architekten-Wettbewerbes wurde im April 1861 als Siegerprojekt der Vorschlag Eduard van der Nüll's (1812-1868) und August Siccard von Siccardsburg (1813-1868) gekürt.(1) Noch im selben Jahr erfolgte der erste Spatenstich und am 20. Mai 1863 die feierliche Grundsteinlegung. Mit 7. Oktober 1865 war der äußere Bau fertiggestellt. Am 25. Mai 1869 erfolgte die Eröffnung des Hauses, die beide Architekten nicht mehr erleben sollten. Van der Nüll erhängte sich am 3. April 1868, nicht zuletzt wegen der jahrelang den Bau begleitenden, wenig schmeichelhaften Polemiken. Sein Kompagnion, August Siccard von Siccardsburg's, starb wenige Monate später, nach einer Operation rekonvaleszent, am 11. Juni 1868. Die beiden Architekten Gustav Gugitz (1836-1882) und Joseph Stork (1830-1902) übernahmen die Fertigstellung.

Viel ist seither über die kunsthistorisch-architektonische Bedeutung dieses neuen Opernhauses geschrieben worden, wenig über die Eröffnung selbst, ihren Vor- und Nachwehen als gesellschaftspolitischem und künstlerischem Ereignis ersten Ranges. Die Niederlage von Königgrätz mit all ihren außen- und innenpolitischen Implikationen lag erst drei Jahre zurück und es war an der Zeit, dass die Monarchie zumindest auf einem Gebiete ihre europäische, ja ihre Weltgeltung herausstrich. Verbunden mit der ohnehin permanent vorhandenen "Theatergier" der Wiener Bevölkerung ergab sich daraus eine brisante Mischung, die die ganze Stadt in einen emotionalen Taumel versetzte, der nur mehr einen Gesprächsstoff kannte: die Eröffnung des neuen Opernhauses, die Besetzung, und, ja und das war natürlich das Wichtigste: wie man es schaffen könnte, da dabei zu sein.

(1) Der Text dieser Ausschreibung inklusive des "Programms für den Bau eines neuen Hofopern-Hauses" erstellt vom k.k. Obertshofmeisteramte ist abgedruckt bei Wilhelm Beetz: Das Wiener Opernhaus 1869 bis 1945. The Central European Times Verlag A.G. Zürich 1949.

©Dominik Troger

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