FAVORITA 1716
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Chronik

Freiluftaufführung "Alcina" von Johann Josef Fux

Eine Zeitreise ins Jahr 1716 gefällig? Besonders spannend ist es, wenn in der Operngeschichte das Publikum zu Wort kommt. Nachstehend nun eine, auch schon oft in der Sekundärliteratur zur Wiener Operngeschichte zitierte Passage aus einem Brief der Lady Mary Montagu.

Lady Mary Montagu wohnte im September 1716 in Wien einer Opernaufführung in der Favorita bei (= sogenannt das Gelände des Lustschlosses von Kaiser Leopold I mit einem prachtvollen Gartentheater - heute befindet sich dort das Theresianum). Zur Aufführung kam "Angelica Vincitrice di Alcina", eine Oper des Hofkapellmeisters Johann Josef Fux (1660-1741). Lady Montagu berichtet darüber in einem Brief vom 14.9.1716 (julianischer Kalender) an Alexander Pope.

"(...) daß ich letzten Sonntag in der Oper war, die im Garten der Favorita aufgeführt wurde und die mir so sehr gefallen hat, daß ich es noch nicht bereut habe, sie gesehen zu haben. Nichts dieser Art war jemals prächtiger, und ich kann leicht glauben, was man mir sagte, nämlich, daß die Dekorationen und Kostüme den Kaiser 30 000 Sterling kosten. Die Bühne war über einen sehr breiten Kanal gebaut und am Beginn des zweiten Aktes in zwei Teile geteilt, so daß man das Wasser entdecken konnte, auf welchem sofort zwei Flotten mit goldenen Schiffen von verschiedenen Seiten erschienen, die eine Seeschlacht aufführten. Es ist nicht leicht, sich die Schönheit dieser Szene vorzustellen, die ich besonders aufmerksam betrachtete, doch auch alles übrige war vollendet schön in seiner Art. Die Handlung der Oper ist die Verzauberung der Alcina, die Gelegenheit für den Einsatz zahlreicher Maschinen und Szenenwechsel gibt, die mit überraschender Geschwindigkeit vollzogen werden. Das Theater ist so groß, daß es dem Auge schwerfällt, sein Ende zu erkennen und die Kostüme, 108 an der Zahl, von äußerster Pracht. Kein Haus könnte so große Dekorationen fassen, aber die Damen, die alle in freier Luft sitzen, sind dadurch großen Unbequemlichkeit ausgesetzt, denn es gibt nur einen einzigen Baldachin für die kaiserliche Familie, und als am Abend der ersten Aufführung ein Platzregen niederging, wurde die Oper unterbrochen, und die Gesellschaft flüchtete in solcher Verwirrung, daß ich fast zu Tode gequetscht wurde."

(Zitiert nach: Lady Mary Montagu: Briefe aus Wien. Übertragen und herausgegeben von Maria Breunlich. Verlag Dr. A. Schendl. Wien 1985. S.19ff)