THEATER AN DER WIEN - 7.7.2008
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Luisa Fernanda

Zarzuela-Stimmung im Theater an der Wien: rund 25 Minuten Schlussapplaus gewürzt mit „Viva Espania“-Rufen. Im Mittelpunkt der Ovationen standen Placido Domingo als baritonaler, estremadurischer Gutsbesitzer und ein insgesamt ausdrucksstarkes Sängerteam, das dieser „spanischen Operette“ viel Glanz und Emotion verlieh.

„Luisa Fernanda“ erzählt die Geschichte von einer Frau, die zwischen zwei Männern steht und sich nicht entscheiden kann. Als historischer Hintergrund dient die spanische Revolution von 1868. Federico Moreno Torres hat eine stark im 19. Jahrhundert verwurzelte Musik komponiert, aber auch ein bisschen auf Puccini geschielt. Uraufgeführt wurde „Luisa Fernanda“ 1932.

Placido Domingo sang den Gutsbesitzer Vidal Hernando, der sich in Luisa Fernanda verliebt, zuletzt aber auf sie verzichtet: eine gepflegte, zuvorkommende Erscheinung, zupackend in seiner Liebe und voller menschlicher Größe im Verzicht. Diese Rolle ermöglicht es ihm, die Erfahrungssumme seines langen Opernlebens zu ziehen, dem Publikum eine Mischung aus Gegenwart und Erinnerung anzubieten, bei der die Freude über die hervorragende stimmliche Verfassung und seine starke Bühnenpräsenz einen erst gar nicht an die Vergangenheit denken ließ - und er gestaltete sie mit der ganzen Ausdruckskraft eines Künstlers, der sich nach wie vor im klug genutzten Vollbesitz seiner Kräfte weiß. Dass Domingo bereits 1957 als Sänger debütiert hat, man glaubt es kaum.

Mit dem Mezzo Maria José Montiel stand ihm eine leidenschaftliche Luisa Fernanda zur Seite. Schlicht und glutvoll, selbstbewusst, aber ohne zu übertreiben, war sie innerhalb der etwas verknappenden Handlung ein würdiges Streitobjekt für die männliche Begehrlichkeiten. Ein Höhepunkt war auch ihre kurze Rede über die Notwendigkeit der Revolution aus Sicht der ärmeren Bevölkerungsschichten: das war zupackend mit jeder Silbe.

Israel Lozano wetteiferte mit seinem hellen Tenor um die Gunst von Luisa und entfachte viel Zarzuela-Feuer. Der Bühnenpersönlichkeit von Domingo konnte er nicht die Waage halten, aber Domingo wäre sonst nicht der, der er ist. Patricia Petibon steuerte eine verführerische Herzogin bei, stimmlich nicht ganz so preziös wie sonst, aber das war möglicherweise eine Frage des für sie weniger gewohnten Zarzuela-Stils.

Die pragmatische, unaufdringliche Inszenierung lebte vor allem von den historisierenden Kostümen, hübsch choreographierte Massenszenen und einem einfachen, aber zweckmäßigen Bühnenbau. Als Koproduktion war sie fürs Reisen geschaffen worden: Madrid, Washington, Los Angeles, Wien ... Das RSO Wien unter Josep Caballé Domenech, eine Reihe weiterer Mitwirkender sowie der Arnold Schönberg Chor sorgten für einen ansprechenden, musikalischen Rahmen.

Das Publikum war sehr angetan - von der Produktion insgesamt, von Montiel und vor allem natürlich von Placido Domingo. Es wurden reichlich Blumen geworfen, ein Abend fürs Erinnerungsalbum.

2008 - © Dominik Troger, operinwien.at