MUSIKALISCHE RÜCKSCHAU DER DIREKTION HOLENDER 1991-2010
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Musikalische Rückschau der Direktion Holender 1991-2010
am 26.6.2010

Von 18.30 bis 0.30h - also sechs Stunden lang - dauerte das Galakonzert anlässlich des Abschieds von Staatsoperndirektor Ioan Holender. Der Direktor war sein eigener Conférencier und führte durch den Abend, der sich thematisch an den Premieren der 18-jährigen (Allein-)Direktionszeit orientierte.

Dieser thematische „Überbau“ gab dem Konzert ein brauchbares Gerüst, auch wenn er aus unterschiedlichsten Gründen nicht konsequent eingehalten wurde. Wer so viele Opernjahre im Rückblick behandeln möchte, muss selbst bei der epischen Länge von sechs Stunden Einschränkungen machen – und dass der Direktor sein ganz persönliches Abschiedskonzert auch nach seinen ganz persönliche Vorlieben besetzt hat, wer könnte ihm das vorwerfen?

Hinzu kamen allerdings Unwägbarkeiten wie verspätete Flugzeuge oder Krankheiten, die das „gedruckte“ Programm dann doch ein bisschen aufmischten, aber der Direktor und Conférencier zeigte sich gewappnet – er nutzte diese „Zufälligkeiten“ für die eine oder andere launige Bemerkung, stellte Ferndiagnosen (diesem „glaubte“ er seine Erkrankung, jener offenbar nicht ...) und ließ Placido Domingo vom Flughafen „mit Blaulicht“ in die Oper bringen.

Holender erwähnte viele nicht anwesende Künstler, erinnerte an Verstorbene, erzählte (bekannte) Anekdoten, führte souverän als Souverän durch den Abend. Andererseits war es wenig überraschend, dass einige für die Staatsoper bedeutende Künstlerinnen und Künstler dieser Direktionsjahre nicht erwähnt wurden und nicht aufgetreten sind - und diese Abwesenheitsliste ist in Summe für Holenders Direktion nicht weniger aufschlussreich.

Die Sache mit den Absagen nagte dann doch an Holenders Gelassenheit, und als er sich zum Fernbleiben von Elina Garanca ziemlich eindeutig artikulierte, gab es sogar Buhrufe aus dem Publikum – galten diese der Sängerin oder nicht viel mehr den süffisant vorgetragenen Anmerkungen des Direktors? Ein Anflug von Peinlichkeit lag kurz über dem bis dahin so wohllaunigen Abend.

Der Blumenstrauß, der als Huldigung dem scheidenden Direktor an diesem Abend in Form von rund 40 Musiknummern dargebracht wurde, wirkte trotz der recht beliebig wirkenden Durchmischung recht lebendig. Man durfte in Erinnerungen schwelgen, anhand von Videoeinspielungen über der Bühne sogar noch einen Blick auf längst ad acta gelegte Inszenierungen werfen und sich an vielen Gustostückerln erfreuen. Dabei kam durchaus Stimmung auf – und das war vielleicht am überraschendsten, dass man trotz der flotten Abfolge den einzelnen Nummern genug Liebe zum Detail und stimmungsvolles Musizieren angedeihen ließ.

Die Bühne war offen, der Orchestergraben abgedeckt. Drei große Projektionsflächen im Hintergrund fokussierten wie bei einem richtigen „Event“ Dirigent, Sänger, Orchester. Die Bildstörungen beim bühnenmittig projizierten Video bekam man den ganzen Abend nicht in den Griff. Das Orchester saß auf der leicht ansteigend gebauten Bühne, dahinter der Chor nach Bedarf, die Sänger standen vorne auf dem gedeckten Orchestergraben. Der Abend wurde vor dem Haus auf einer Videowand übertragen, eine kommerzielle Verwertung ist geplant. Die Teilnehmer verzichteten auf Honorare, das Geld wurde für einen karitativen Zweck gespendet.

Von der künstlerischen Ausbeute her hat der dritte Teil wohl am meisten überzeugt, aber es wäre ungerecht, hier über den Anlass hinaus zu urteilen. Manches weckte allein schon der Erinnerung wegen starke Emotionen – anderes schwelgte noch in der Blüte gegenwärtigen Opernglücks. Der unvergessliche Farbtupfen des ganzen Abends war gewiss Anna Netrebkos rosafarbenes Kleid – dergleichen ward hier wohl noch nie gesehen.

Dass es eine Stunde vor Vorstellungsbeginn noch Stehplatzkarten gab, überraschte – das Haus war voll, aber nicht „übervoll“. Mit Applaus wurde nicht gegeizt, schließlich war man zum Feiern da. Nach der ersten Pause und den reichlich genützten Gratisgetränken wurde die Stimmung im Auditorium spürbar lockerer.

Anbei nun die Nummern des Abends, fürsorglich aufgelistet, die Änderungen zum gedruckten Programm sind in der Tabelle eingearbeitet und werden im Anschluss noch einmal zusammengefasst.

Werk Stück  SängerIn DirgentIn
RIENZI Ouvertüre   Zubin Mehta
DAS RHEINGOLD Immer ist Undank Loges Lohn Siegfried Jerusalem Franz Welser-Möst
IL TROVATORE Stride la vampa Nadia Krasteva Zubin Mehta
LES CONTES D' HOFFMANN Hélas! Mon coeur Eliane Coelho / Keith Ikaia-Purdy Boaz Daniel / Michaela Selinger / Herwig Pecoraro / Marcus Pelz / Chor
Betrand de Billy
CARDILLAC Mag Mondlicht leuchten Franz Grundheber Franz Welser-Möst
COSÌ FAN TUTTE Un' aura amorosa Michael Schade Franz Welser-Möst
COSÌ FAN TUTTE Prenderò quel brunettino Barbara Frittoli / Angelika Kirchschlager Franz Welser-Möst
FEDORA Amor ti vieta Ramón Vargas
Fabio Luisi
HÉRODIADE Vision fugitive Boaz Daniel Bertrand de Billy
DER FREISCHÜTZ Und ob die Wolke sie verhülle Soile Isokoski Peter Schneider
DIE SCHWEIGSAME
FRAU
Wie schön ist doch die Musik Thomas Quasthoff Peter Schneider
LINDA DI
CHAMOUNIX
O luce di quest’anima Stefania Bonfadelli Marco Armiliato
PALESTRINA Allein in dunkler Tiefe Thomas Moser / Elisabeth Kulmann / Ileana Tonca / Simina Ivan / Theodora Gheorghiu / Chor Peter Schneider
PAUSE
PETER GRIMES Interlude II   Simone Young
TRISTAN UND ISOLDE Liebestod Waltraud Meier Antonio Pappan
I VESPRI SICILIANI In braccio alle dovizie Leo Nucci Marco Armiliato
GUILLAUME TELL Sois immobile
Thomas Hampson

Fabio Luisi
DIE LUSTIGE WITWE Duett Valencienne – Camille Angelika Kirchschlager /
Michael Schade
Franz Welser-Möst
DIE WALKÜRE
Winterstürme wichen dem Wonnemond Plácido Domingo Antonio Pappano
DAS
TRAUMFRESSERCHEN
Lied des Traumfresserchen Herwig Pecoraro  
GIANNI SCHICCHI Avete torto Saimir Pirgu Marco Armiliato
NABUCCO Va pensiero Chor Thomas Lang
LE NOZZE DI FIGARO Dove sono Barbara Frittoli Betrand de Billy
LA SONNAMBULA Ah non credea
Diana Damrau / Chor
Marco Armiliato
ROMÉO ET JULIETTE Ah! Leve toi soleil Ramón Vargas Plácido Domingo
DER RIESE VOM
STEINFELD
Lied vom traurigen Montag Thomas Hampson Michael Halász
DIE FRAU
OHNE SCHATTEN
Finale Falk Struckmann / Johan Botha / Adrianne Pieczonka / Deborah Polaski / Ileana Tonca / Teodora Gheorghiu / Roxana Constantinescu / Zoryana Kushpler / Michaela Selinger / Aura Twarowska / Damenchor Franz Welser-Möst
PAUSE
TRISTAN UND ISOLDE
O sink hernieder Peter Seiffert / Petra Maria
Schnitzer / Violeta Urmana
Franz Welser-Möst
DON CARLOS Elle ne m’aime pas Ferruccio Furlanetto Bertrand de Billy
DIE TOTE STADT Glück das mir verblieb Angela Denoke / Stephen Gould Franz Welser-Möst
WERTHER Briefszene Roxana Constantinescu Bertrand de Billy
MANON LESCAUT Donna non vidi mai Piotr Beczala Marco Armiliato
LE VILLI Se come voi Krassimira Stoyanova Simone Young
LOHENGRIN Gralserzählung Johan Botha Simone Young
OTELLO Credo in un Dio crudel Falk Struckmann Betrand de Billy
ARABELLA Er ist der Richtige nicht für mich Adrianne Pieczonka /
Genia Kühmeier
Franz Welser-Möst
MANON

Je marche sur tous les chemins Anna Netrebko / Chor Betrand de Billy
LA FILLE DU REGIMENT Par le rang Natalie Dessay / Herrenchor Marco Armiliato
LA FORZA DEL DESTINO Pace, pace Violeta Urmana Zubin Mehta
FAUST Salut! Demeure chaste et peure Piotr Beczala Betrand de Billy
DAS RHEINGOLD Über Stock und Stein Adrian Eröd / Elisabeth Kulmann / Boaz Daniel /Gergely Németi Franz Welser-Möst
MACBETH Pietà, rispetto Simon Keenlyside Guillermo García Calvo
ZUGABE: FALSTAFF, Tutto nel mondo è burla

Programmänderungen zusammengefasst:

Feodora: Ramón Vargas anstelle von José Cura
Mefistofele: Ildebrando D’Arcangelo abgesagt, Nummer ausgefallen
Walküre: vom I. in II. Teil verschoben
Tristan: Violeta Urmana anstelle von Elisabeth Kulman
Werther: Roxana Constantinescu anstelle von Elina Garanca
Manon Lescaut: Piotr Beczala anstelle von José Cura