BENJAMIN BERNHEIM
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Chronik

Solistenkonzert
Staatsoper
10. 4. 2024


Klavier: Carrie-Ann Matheson

Solist - Benjamin Bernheim


Solistenkonzert Benjamin Bernheim: Versonnenes Tenorbehagen
(Dominik Troger)

Liebhaber spätromantischen französischen Liedgutes kamen beim Solistenkonzert von Benjamin Bernheim in der Wiener Staatsoper voll auf ihre Rechnung: Kompositionen von Charles Gounod, Reynaldo Hahn, Ernest Chausson und Henri Duparc wurden mit je drei Liedern von Giacomo Puccini und Richard Strauss „abgeschmeckt“.

Dass ein französischer Tenor französische Lieder singt, ist jetzt nicht so überraschend. Aber die Zusammenstellung hatte etwas „Monochromatisches“ an sich und das Publikum war über die Länge des Konzerts gerechnet zu unruhig. An einem Liederabend stört jeder einzelne ungenierte Huster das auf feinsinnigen Genuss abgestimmte Gemüt. Außerdem hätte das subtile Programm eines kleineren Rahmens bedurft, um voll zu Geltung zu kommen. Aber genauso wie bei Lise Davidsen bot die Reihe der Solistenkonzerte in dieser Saison die einzige Möglichkeit, um  Benjamin Bernheim an der Wiener Staatsoper begegnen zu können.

Bernheims Tenor durchmaß stimmungsvoll die Natur und Liebe verknüpfenden Schilderungen französischer Poetik mit warmem, bernsteinfarbenem Timbre, und ließ sich vor der Pause auch nicht durch zwei Handys aus der Fassung bringen, die sich störend „zu Wort“ meldeten. Bernheims Fähigkeit, die Stimme in der Höhe nahtlos mit der feinsinnigen Eleganz eines Haute-contre-Tenors zu modellieren, bewährte sich in der französischen Lyrik. Ihnen standen seltenere heroische Momenten gegenüber, in denen er zu vollem Tenorklang ausholte, wobei die Stimme dann mit einem leicht abgedunkelten Squillo das Haus flutete. Der Schwerpunkt vor der Pause lag auf Ernest Chaussons „Poéme de l’amour et de la mer“, von dem die Orchesterfassung reizvoller gewesen wäre als die Klavierfassung (als aufmerksame Pianistin wirkte Carrie-Ann Matheson) – aber das hätte den Rahmen dieses Veranstaltungsformates gesprengt.

Die Anteilname des Publikums blieb gegenüber den Liedern von Gounod, Hahn und Chausson eher zurückhaltend. Selbige konnte Bernheim im zweiten Teil zum Beispiel mit Puccinis arienhaften Beiträgen viel stärker wecken. Höhepunkt des offiziellen Programms waren aus meiner Sicht allerdings die drei Lieder von Henri Duparc, in denen der Sänger mehr Individualität auszudrücken schien, den Notenständer mit dem digitalen Notentablett selbstbewusst zur Seite gestellt. Den Abschluss machten drei Lieder von Richard Strauss, mir ein bisschen zu „unprägnant“ im textbezogenen Ausdruck. Im Gegensatz zu Davidsen verzichtete Bernheim darauf, sich selbst zu moderieren, und beschränkte sich einzig auf das Singen.

Den Höhepunkt des Solistenkonzerts bildete die erste Zugabe, die Romanze das Nadir aus den „Perlenfischern“: Umflort von sanftem, baritonalem Schillern huldigte Bernheims Tenor verträumt der Erotik exotischer Nächte, im ausgewogenen virilen Dahinströmen ganz einer „bezaubernden Erinnerung“ hingegeben. Mit der zweiten Zugabe („Dein ist mein ganzes Herz“) setzte er im Kontrast dazu auf „mitreißerisches“ Tenorfeeling. Leider war der Abend dann auch schon wieder vorbei. Der große Teil des Publikums, nach meinem Eindruck erst bei den Zugaben so richtig „emotionalisiert“, hätte sich gerne zumindest noch an einer weiteren erfreut – zumal das Konzert nach rund eindreiviertel Stunden (inklusive Zugaben und Pause) schon wieder vorüber war.

PS: Das Programmheft – mit einer Porträtfotografie des Solisten am Cover – hat aus unerfindlichen Gründen die Dichter verschwiegen, von denen sich die Komponisten zu ihren Liedern haben inspirieren lassen: seien es jetzt Paul Verlaine oder Charles Beaudelaire oder auch hierzulande unbekanntere Namen des französischen Literaturpantheons.

Das Programm:

Charles Gounod: L’Absent
Reynaldo Hahn: L’Heure exquise
Ernest Chausson: Poème de l’amour et de la mer

PAUSE

Giacomo Puccini: Mentìa l’avviso / Terra e mare / Sole e amore
Henri Duparc: L’Invitation au voyage / Extase / Phidylé
Richard Strauss: Heimliche Aufforderung / Morgen / Cäcilie

Zugaben:
Georges Bizet: Je crois entendre encore
Franz Lehár: Dein ist mein ganzes Herz