PLÁCIDO DOMINGO: 40-JÄHRIGES BÜHNENJUBILÄUM
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Chronik Hof-/Staatsoper

Gala-Abend zum 40-jährigen Bühnenjubiläum von
KS Plácido Domingo an der Wiener Staatsoper

20. Mai 2007

Er kam, sah und siegte...

In Olympia hätte man einst sein Haupt mit Lorbeer bekränzt, im Österreich des 21. Jahrhunderts erhält man für sängerische Höchstleistungen immerhin noch einen Staatsorden. Plácido Domingo feierte sein 40-jähriges Bühnenjubiläum an der Staatsoper und das Publikum feierte dankbar mit.

Plácido Domingo debütierte am 19. Mai 1967 als Don Carlo an der Staatsoper. Es folgten 189 Auftritte in 29 verschiedenen Partien und 32 Auftritte als Dirigent. An diesem, ihm gewidmeten Gala-Abend, war er noch einmal im ersten Aufzug „Walküre“ und im vierten Akt „Otello“ zu hören. Garniert wurde sein persönliches Auftreten mit Filmausschnitten aus dem ORF Archiv, eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit.

Domingo präsentierte sich in sehr guter Verfassung und machte den Gala-Abend auch zu einer Gala-Vorstellung. Das Rundherum war nicht immer ganz gala-konform, vor allem bei der „Walküre“, aber nur die plötzlich und in dieser Form außerplanmäßig zu Boden donnernden Zeltbahnen von Hundings Hütte überschatteten den Abend für kurze Zeit. Domingo besitzt nach wie vor sein markantes Timbre, die Mittellage strömt immer noch angenehm resonant, es ist seit längerer Zeit eine leuchtende heldische Note hinzugekommen – und im Siegmund geht das alles sehr gut zusammen. Mag sein, dass die Stimme gegen Ende dieses ersten Aufzugs schon ein wenig müde wurde, doch kühle Labung bot der Krug gefüllt mit Sieglindes „Quellwasser“. Diese Sieglinde, Deborah Voigt, scheint mit ihrer Köperlichkeit auch an Stimm-Charisma verloren zu haben, und sie klang mir nicht in positiver Weise „dramatischer" als noch vor einigen Jahren. Kurt Rydl sang einen rauhbeinigen Hunding. Das Orchester unter Adam Fischer wirkte nicht in Bestform.

Als Otello durfte man Domingo in einer weiteren Paraderolle erleben. 21 Mal hat er den Otello an der Staatsoper gesungen. Noch einmal spürte man die starke Emotionalität, mit der er sich dieser Partie so oft angenommen hat, Otellos hilflose Verzweiflung mit „heldischem Abgang“. Krassimira Stoyanova sang eine würdige Desdemona und Daniel Gatti forderte das Orchester als ginge es um „Tod oder Leben“. Als Kulisse diente nicht die laufende „Otello“-Inszenierung, sondern die ausrangierte Produktion von Peter Wood. Ein Punkt, den viele Anwesende als sehr wohltuend empfunden haben (ich schließe mich da gar nicht aus).

Als Brücke zwischen „Walküre“ und „Otello“ fungierten die bereits angesprochenen Filmausschnitte. Don Carlo (1967 – nur Audio), Il trovatore (1978), Il giuramento (1979 – nur Audio), Andrea Chenier (1981), Lohengrin (1985), La Gioconda (1986), Otello (1987), La fanciulla del west (1988), Samson et Dalila (1990), Parsifal (1991), Don Carlo (1992), die legendäre Straßenbahnfahrt von der Volksoper zur Staatsoper (1993), Pagliacci (1993), Les Contes d‘ Hoffmann (1993), Hérodia (1995), Aida (1995 – als Dirigent), Carmen (1978). Das Publikum ließ es sich nicht nehmen, die Ausschnitte mit Applaus zu bedenken, wobei die Ausschnitte von Chenier und Bajazzo deutlich am meisten Applaus erhielten. Der Ausschnitt des Bajazzo war von sehr unmittelbarer Intensität.

Für das „Nachspiel“ sorgte die Ehrung Domingos auf der offenen Bühne, in Anwesenheit von Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, sowie die Verleihung des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. Staatsoperndirektor Holender sprach einleitende Dankesworte und verwies auf den Premierminister (!), der gleich die offizielle Ehrung vornehmen werde. Nach einigem Gelächter aus dem Publikum fügte Holender hinzu, dass es nicht selbstverständlich sei, dass ein „Premierminister“ (!!!) eine solche Ehrung vornähme... Offenbar war dem Direktor an dieser Bezeichnung gelegen, aber als sich Placido Domingo später beim „Bundeskanzler“ für Ehrung und Würdigung bedankte, verwunderte der „Premierminister“ umso mehr. Der Bundeskanzler würdigte Domingo zweisprachig: zuerst auf Deutsch, dann deutlich länger auf Spanisch. Er las den Text von einem weißen Zettel ab. Das Publikum verstand einmal Fussball und lachte (ein bekanntes „Laster“ des Geehrten). Endlich durfte sich Domingo bedanken, er sprach auf Englisch, mit herzlicher Rührung.

Der Galastar wurde heftig beklatscht, viele Rosen wurden geworfen, einzeln und zu Sträußen gebunden – etwa um Viertel nach Elf senkte sich der „Eiserne“ herab, Domingo kam noch einmal beim Proszenium heraus.

PS: In der Loge des Kanzlers saß: Neil Shicoff. Neben Shicoff, aber schon eine Loge weiter, saß Direktor Holender. Ein Zufall? Stoff für die eifrig brodelnde Gerüchteküche allemal.

2007 - © Dominik Troger - www.operinwien.at