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Volksmusik: Mehr Schunkeln - Wagner-Fans: Mehr Engagement

6500 Konzertbesucher wurden in Berlin im Rahmen einer Studie der Technischen Universität (TU) Berlin befragt. Das Ziel: "Eine Landkarte musikalischer Geschmackskulturen zu zeichnen." Denn je nach Musikart unterscheidet sich das Publikum in seiner sozialen Zusammensetzung. Für Musiksoziologen Dr. Hans Neuhoff verdeutlichen die Resultate eine Tendenz zur Ausdifferenzierung in gesellschaftliche Großgruppen, bei denen ökonomische Gesichtspunkte ebenso wie soziale Kriterien Abgrenzungen hervorrufen.

Vor allem bei den Volksmusikkonzerten trafen die Wissenschaftler der TU Berlin auf ein hochgradig homogenes Publikum. Es gleicht sich besonders in der Altersstruktur, dem sozialen Hintergrund und den Lebenszielen. Geborgenheit, Sicherheit und Familie sind für 60 Prozent der Befragten sehr wichtig. Relativ hoch ist bei dieser Besuchergruppe auch der Anteil an PDS-Wählern. Andere Indikatoren wie Engagement zeigen, Führungspositionen übernehmen oder die Welt verändern spielen für sie - im Gegensatz zum Wagner-Publikum - eine verschwindend geringe Rolle. "CDU-Wähler findet man hingegen eher in Musical-Veranstaltungen. In den Wagner-Aufführungen trifft man auf einen relativ hohen Anteil an SPD- und Grünen-Sympathisanten", so der Musikwissenschaftler.

Vor allem die Wagner-Besucher genießen die Komplexität des Werkes, zelebrieren bei den langen Aufführungen eine gemeinschaftliche Selbstbeherrschung. "Das ist ein typisches Handlungsmuster einer so genannten aufgeschobenen Befriedigung, einer Verhaltensanforderung, die man auch für komplexe und langandauernde wirtschaftliche Prozesse benötigt." Die Volksmusikbesucher hingegen suchen das Gemeinschaftserlebnis: Sie fassen sich an und schunkeln gemeinsam. Der Aspekt der Geborgenheit und Sicherheit steht bei ihnen im Vordergrund. Auch der soziale Hintergrund der Besucher unterscheidet sich je nach Musikrichtung: Einen Hochschulabschluss besitzen rund die Hälfte der Wagner-Besucher, auf einen Haupt-/Volksschulabschluss verweisen hingegen viele der Volksmusikliebhaber. Zu Volksmusik-Konzerten kommen lediglich drei Prozent der Besucher allein - bei Wagner-Aufführungen gibt es hingegen einen sehr hohen Anteil an Einzelbesuchern (30 Prozent) und Singles (40 Prozent). Auch die Altersstruktur lässt die Ungleichheit der beiden Publika erkennen: Liegt das Durchschnittsalter bei den Volksmusikhörern bei 60 Jahren, so ist es beim Wagner-Publikum fast gleichmäßig auf alle relevanten Altergruppen verteilt. http://www.kgw.tu-berlin.de/IKWMM