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„Aria Cantilena“
Elina Garancas Debütalbum bei der Deutschen Grammophon

Als Rosina, Dorabella, Charlotte, Cherubino, Sextus, Oktavian hat Elina Garanca in den letzten Jahren nicht nur das Wiener Opernpublikum begeistert – auch die Phonoindustrie bemühte sich um den Jungstar. 2006 hat die lettische Mezzosopranistin einen Exklusivvertrag mit der Deutschen Grammophon unterzeichnet. Das Soloalbum „Aria Cantilena“ ist das erste Resultat dieser neuen Zusammenarbeit.

Garanca beschreitet mit diesem Album einen sehr persönlichen Weg durch ihr Stimmrepertoire und präsentiert Stücke aus verschiedenen europäischen Ländern und von verschiedenen Komponisten. Zarzuela-Klänge wetteifern mit einem koloraturträllernden Rossini-„Aschenputtel“, die „Großherzogin von Gerolstein“ mustert Soldaten, Charlottes Briefszene aus „Werther“ kontrastiert mit dem seligen Glück des „Rosenkavalier“-Finales. Begleitet wird Garanca dabei einfühlsam von Fabio Luisi und der Staatskapelle Dresden. Bedenken, die man gegenüber dieser „Bunten Mischung“ haben könnte, lösen sich jedoch schnell in Wohlgefallen auf.

Die drei spanischen Beiträge sind die eigentliche Überraschung, ein gut gefülltes Sangria-Glas mit einem wohlkalkulierten Schuss an Sentimentalität. Mein Favorit: das „Madrigal sobre un tema popular“ von Xavier Montsalvatge – eine Liebeserklärung an den „Gesang der Vögel“ mit Sonnenuntergang und Morgenröte, bei dem Garancas Stimme in sinnliche Traurigkeit verfällt. Schwermut dominiert den „Werther“-Ausschnitt, wenn im dritten Akt Charlotte in den Briefen ihres Verehrers blättert. Garanca singt diese Szene mit zunehmender Intensität und bei der Schlussphrase „et tu frémiras“ blickt man erschaudernd in den Abgrund von Werthers Schicksal.

Nicht überbetont quirlig und ausgelassen zeigen sich die beiden brillant gesungenen Rossini-Stücke („La Cenerentola“ und „Italienerin in Algier“). Garancas breites Timbre klingt mir hier schon eine Spur zu „gesetzt“ für diese kecken Tonkaskaden. Bliebe noch ein ironisches Augenzwinkern als Möglichkeit, aber da fehlte wohl die Bühnensituation als Anregung. Ein Punkt, den man auch bei „La Grande-Duchesse de Gérolstein“ ins Spiel bringen könnte, obwohl sich die zwei Offenbach-Stücke als gutgewählte Abrundung erweisen (neben der „Gerolsteinerin“ noch Romanze des Niklausse, III. Akt Hoffmanns Erzählungen).

Garancas künstlerische Zukunft, die schon ihre erste Carmen anpeilt (2010 auch in Wien), wird jedoch der leidenschaftliche, emanzipierte Eros ihres modernen „Widescreen“-Mezzos bestimmen. Er trägt weder zu dick auf noch bleibt er dem Genre der Hosenrollen verhaftet (für den stimmungsvollen Abschluss der CD sorgt das Finale des „Rosenkavaliers“). Ausgestattet mit kräftigem Naturell zeigt er sich trotzdem beweglich und transparent – und schillert mit gesättigt wärmenden Farben wie ein Ostsee-Bernstein.

operinwien.at © Dominik Troger


Coverfoto: Deutsche Grammophon